Freitag, 19. Oktober 2007

Links blinken und überhaupt nicht abbiegen...

Prof. Karl Lauterbach

Gestern Abend war ich auf einer SPD-Veranstaltung hier in Kiel. Der an sich spröde Titel der Veranstaltung "Demografie und soziale Sicherheit" ließ eigentlich eine staubtrockene Geschichte erwarten. Doch dann kam alles anders. Prof. Karl Lauterbach hielt einen fesselnden Vortrag, dessen Inhalt und dessen Botschaft so sozialdemokratisch waren, dass mein linkes Herz nach etlichen Jahren wieder einmal von einem Sozialdemokraten geöffnet wurde. Dr. Hans-Peter Bartels charakterisierte Lauterbach und sich selbst als die "Jungen", die durch Diskussionen mit der Spitze verändern und nötigenfalls auch die Spitze beseitigen wollen.

Dr. Hans-Peter Bartels
Bei seiner Begrüßung erinnerte Dr. Bartels daran, dass der Veranstaltungsort historisch verpflichtend sei. Schließlich hat ja am Legienhof in Kiel einmal der Matrosenaufstand begonnen, dem Deutschland seine erste Demokratie verdankt. Wie schon Ralf Stegner bei der Maidemo bemühen also Genossen durchaus die Historie, von der gewisse medienpolitische Dampframmen wie Peer Steinbrück nichts mehr wissen wollen und stattdessen von "strukturkonservativen Heulsusen" sprechen.

Einer SPD, die sich an Werten orientiert, wie sie gestern von Dr. Bartels und Prof. Lauterbach vertreten wurden, könnte durchaus wieder eine politische Heimat für mich sein. Keine Frage. Deshalb habe ich Dr. Bartels beim Abschied auch gesagt, wie dankbar ich für die Einladung zu dieser Veranstaltung bin und wie gerne ich wieder der SPD angehören würde. Das mir dann von ihm hastig gereichte Beitrittsformular bewahre ich auf. So lange die "Basta-Fraktion" in der SPD jedoch das Sagen hat und gute sozialdemokratische Werte ein ums andere Mal verraten werden, kann ich meine alte Liebe nur kritisch begleiten.

Das Gewerkschaftsverbot durch die Hintertür, das der Sozialdemokrat Steinbrück zu verantworten hat und angeblich in diesen Tagen abschwächen will, ist für die SPD dieser Tage ein Symbol. Meine Versuche, durch Gespräche mit den hiesigen Bundestagsabgeordneten der SPD Bürsch und Bartels dafür zu sensibiliseren, sind vollständig fehlgeschlagen. Deshalb stehen links schlagenden Herzen der schlichte politische Pragmatismus und Fraktionsdisziplin gegenüber. Links blinken und und überhaupt nicht abbiegen, ist eben auch keine Lösung und nur geeignet, noch verbitterter zu werden.

Diese Verbitterung brachte ein seit 40 Jahren der SPD angehörender Altgenosse bei der Diskussion glashart zum Ausdruck, der sich einerseits wie ich riesig freute über das, was Karl Lauterbach vorgetragen hatte, und andererseits den Verrat sozialdemokratischer Grundwerte beklagte. Auf seinen Beitrag wurde jedoch nicht von Dr. Bartels und Prof. Lauterbach geantwortet, obwohl der Beitrag des Altgenossen den mit Abstand größten Beifall bekommen hatte.

Äußerst empfehlenswert ist jedoch das Buch "Der Zweiklassenstaat" von Karl Lauterbach, das entsetzliche Diagnosen und Prognosen beinhaltet, die uns alle in den nächsten Jahren betreffen werden.

Posted by Picasa

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ja, eine sozialdemokratische SPD wäre schön. Erinnert sich noch wer an Frau Nahles. Was hat Lauterbach geändert?

Sozialdemokratische Friedenstrauben aus der SPD gibt es immer mal wieder und dann entpuppen sie sich als neoliberale wirtschaftsfaschistische Krähen.

Wolfgang Dudda hat gesagt…

Damit bin ich nicht einverstanden, Jochen Hoff.

Der inflationäre Gebrauch von Schlagwörtern macht den Zusammenhang nicht wahrer.

Karl Lauterbach und Hans-Peter Bartels haben mit den von Ihnen gebrauchten Schlag/Schimpfwörtern so viel zu tun wie eine Eintagsfliege mit einem zweiten Sonnenaufgang!