Sonntag, 10. Juni 2007

Ich brauchte Abstand

Vom letzten Mittwoch bis zum Freitag war ich Angehöriger des Betreuerteams der Gewerkschaft der Polizei während des G-Gipfels in Heiligendamm. Das war zum einen anstrengend und zum anderen sehr, sehr interessant. Ich brauchte danach eine Auszeit.

Meine Quintessenz aus den Tagen von Heiligendamm ist, dass die eingesetzten Sicherheitskräfte im Grunde genommen das Kanonenfutter für eine völlig verfehlte Politik spielen mussten. Wer bei den hochsommerlichen Temperaturen in einem Einsatzanzug samt persönlicher Schutzausrüstung beispielsweise zwölf Stunden irgendwo in der mecklenburgischen Pampa irgendeinen Feldweg abzusperren hat, dabei keinen Schatten finden kann und auch sonst nur schlecht bis gar nicht versorgt wird, darf sich völlig zu Recht als "verheizt" fühlen". Wer über zwei Wochen lang mies untergebracht ist, sich mit 80 Kollegen vier Duschen teilen darf und bereits seit sechs Wochen kein freies Wochenende mehr hatte, zieht gewiss seine eigenen sehr persönlichen Schlüsse aus dem Handeln bzw. Versagen der Politik, für die er sein Kreuz hinhalten muss.

Wem beispielsweise als Zollbeamten seitens seiner Chefs ein ums andere Mal klar gemacht wird, dass seine polizeilichen Möglichkeiten lediglich ein "Annex" seien, hat damit deutliche Verständnisprobleme, wenn er an zentralster Stelle den Zugang zum innersten Bereich des G8-Gipfels sichert. Das hat nämlich mit grundfiskalischen Aufgaben nichts zu tun!

Dass bis heute kein Politiker die 33 schwerst verletzten Polizeibeamten im Krankenhaus besucht hat, ist eine Unverschämtheit und nur noch als systematische Demotivation der Sicherheitskräfte zu verstehen.

Die politischen Ergebnisse von Heiligendamm werden allgemein als dünn betrachtet. 433 verletzte und insgesamt 17.800 ausgepowerte Polizeibeamte stehen zu den Resultaten in einem krassen Missverhältnis. Dass zahlreiche Polizeibeamte direkt nach Heiligendamm in Schwerin ein "Grillfest" der Neonazis "betreuen" mussten, in Berlin eine gewaltsame Anti-G8-Demo aufzulösen hatten oder auf dem Heimweg in Wuppertal noch mal schnell zum "Betreuen" einer spontanen Punkrandale eingesetzt werden mussten, zeigt auf, dass die Politik ihre Hausaufgaben nicht ausreichend macht.

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